Deiner Zeit mehr Wert geben

… auf ´nen Kaffee mit Gott … in Büsum
Sonnabends an der Strandpromenade auf der Caféterrasse. Draußen nur Kännchen gilt hier nicht. Dafür gibt es aber köstlich warmen Milchreis mit Zimt. Windgeschützt mit Blick auf flanierende Menschen: Hüpfende Kinder mit Sehnsucht auf ein Eis. Umschlungene Liebespaare im Schlenderschritt. Ein Familienclan mit Riesengeschenken im Arm und Oma im Gepäck. Büsumer Weekendfeeling.
Am Tisch nebenan wird das Leben beredet. „Ich würde so gern etwas Anderes machen“, sagt eine von den Dreien „mit mehr Zeit für mich. Was Sinnvolles …“ Zwei Frauen und ein Mann mit Cola und Cappuchino sitzen sich gegenüber. Mitvierziger im sportlichen Freizeitdress. „Aber eine Vollzeitumschulung kann ich mir einfach nicht leisten.“ Die Frau braucht nicht viel Phantasie für ihre Frisur. Die Haare wachsen erst seit kurzem wieder.
„Echt jetzt? Du bist doch so ´ne tolle Lehrerin!“ Bewundernde Blicke gehen über den Tisch. „Ja, mit den Schülern, das macht ja auch Spaß. Die wollen wenigstens noch was. Die meisten zumindest.“ Aber für den Rest ist mir meine Zeit zu schade. Wann haben wir uns denn das letzte Mal im Kollegium gefragt, was gut für uns ist? Wann haben wir uns überhaupt mal irgendwas gefragt? Außer: Übernehmen Sie die Vertretung von Klasse 7a?“
„Das siehst du jetzt aber zu eng“, sagt die Frau mit der Kapuzenjacke und greift nervös zur Zigarettenschachtel. „Nee, das sehe ich nicht zu eng. Weißt du denn, ob das alles so gut ist für dich, und was es zu bedeuten hat, was dir gerade in deinem Leben widerfährt? Also ich habe beschlossen, ein Gespräch mit meinem Leben zu führen. Und zwar fange ich jetzt damit an, und nicht erst, wenn ich pensioniert werde. Wenn ich das überhaupt erleben sollte …“.
Schweigen. Alle drei. Ein Zug an der Zigarette. Ein Schluck vom Cappuchino. „Hmmm, ein Gespräch mit meinem Leben führen … wie merkwürdig das klingt. Dann müsste ich ja mal über mich nachdenken. Ob mir das schmeckt …?“ „Bei Brot und Wein bestimmt. Mögt ihr? Ich lad’ euch ein. Komm, wir fangen mal mit dem Nachdenken an. Jetzt ist ja Wochenende.“
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