Fffpphh, fffpphh, fffpphh, seit langem sind diese Geräusche nicht mehr wegzudenken aus ihrem Alltag. Küchenfenster auf. Küchenfenster zu. Ganz gleich, was Luise macht: fffpphh, fffpphh, fffpphh. Ostern. Pfingsten. Weihnachten. Fffpphh, fffpphh.
Ohne sie zu fragen, haben sie Luise diese Riesendinger aufs Feld nebenan gestellt. Es scheint so, als ob die Windkrafträder jetzt den Lebenstakt vorgeben. Weitaus höher als der Meldorfer Dom sind sie. Die Hamburger Touristen sagen Industriedesign dazu und finden’s schön. Zur nachhaltigen Energiegewinnung werden sie aufgestellt. Damit die Zukunft gesichert ist. – Was ist schon nachhaltig in diesem Leben, fragt Luise sich seither.
Sicher, schon seit Jahrtausenden nutzen die Menschen den Wind. Ob nun Segelschiff oder Windmühle. Die Kräfte der Natur zu nutzen, hat die Menschheit schon sehr früh gelernt. Das weiß Luise. Aber kommt man damit voran? Kraft und Energie fürs eigene Leben muss man sich von ganz woanders her holen. Das weiß Luise nun auch.
„Mit Jammern ist kein Blumentopf zu gewinnen“, sagte ihre Großmutter immer. Sie denkt oft an sie, wenn sie aus dem Küchenfenster schaut. Besonders jetzt zur Adventszeit. So richtet sie sich von innen auf. Sollen sich die Windräder doch drehen, mein Leben dreht sich nach meinem Takt. Luise verscheucht ihre Bedenken. Geht dagegen an wie gegen die Novemberwinde. Gegen ihre knappe Kasse. Gegen die Schmerzen im Knie.
Sie legt ihre rechte Hand auf die linke Seite. Da schlägt ihr Takt. Ihre Herztöne. Sie spürt sie. Das ist das Leben. Wie auch immer sich die kommenden Zeiten füllen werden, mit meinem Herzen halte ich Ausschau nach Hoffnung.
Die Fenster in der Nachbarschaft sind erleuchtet. Ob ich mal rüber gehe? Zusammen sein. Reden. Glühwein trinken. So fängt Zukunft an. Das ist nachhaltig. Wirklich nachhaltig. Ein bisschen wie Gottesdienst, denkt sie sich. Energie pur. – Luise lächelt und zieht sich ihre Stiefel an.
So kann es gehen, wenn es heißt: „Gott hat uns keinen Geist der Furcht gegeben, sondern den Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ (2. Timotheus 1, 7)
Grafik: Ina Brinkmann
1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort
Das ist wieder so schön, so schön geschrieben….danke