Gottes Geist wohnt auch zwischen Mülltonnen

Nachbarschaft. Daran scheiden sich die Geister. Nachbarn kann man sich nicht aussuchen. Nachbarn, das sind die unterschiedlichsten Menschen, die nahe beieinander wohnen. Die Nachbarschaft entsteht spontan, willkürlich, meistens ohne Plan. Darum ist Nachbarschaft immer der Ernstfall. Am Verhältnis zu meinen Nachbarn entscheidet sich oftmals ob ich gern nach Hause komme oder nicht. Erst am Arbeitsplatz die Kollegen, dann zum krönenden Abschluss die Nachbarn. Läuft es hier wie da verquer, kann dieser Alltagsärger einem das Leben verdrießen.
Gerade die Nachbarschaftskriege um den Maschendrahtzaun, den Apfelbaumzweig, der über die Grenze reicht, und viele Banalitäten mehr beschäftigen die Richter aller Ortens, nicht nur hier in Dithmarschen. Nachbarschaftsstreit ist sogar biblisch. So heißt es in der Losung für heute im Brief, den Paulus an die Galater schreibt, im 5. Kapitel „Wenn ihr euch aber untereinander beißt und fresst, so seht zu, dass ihr nicht einer vom andern aufgefressen werdet. Ich sage aber: Lebt im Geist.“
Das heißt doch: Auch wenn mir die Art und Weise, wie mein Nachbar die Mülltonnen zu Recht rückt, nicht passt, kann ich ihn gewähren lassen. Das ist ein Akt der Nächstenliebe. Gottes Geist wohnt eben auch mal zwischen den Mülltonnen und an den Gartenzäunen. Das bedeutet: Ich trage für die Nachbarschaft Verantwortung. Denn merke: was ich durch sie erleide, erleiden sie unter Umständen auch durch mich.
Die Nachbarschaft ist ein kostbares Gut, auch wenn wir sie uns oftmals nicht selbst ausgesucht haben. Denn was passieren kann, wenn Menschen völlig isoliert leben von ihrer Familie und auch der Nachbarschaft, ist hinlänglich bekannt. Der Mensch, wenn er völlig allein lebt, vereinsamt. Er wird komisch. Kauzig. Er verkommt an Leib und Seele.
Wird die Nachbarschaft gepflegt, bedeutet das nicht dass man sich dauernd auf der Pelle hocken muss. Man bemüht sich, sich gegenseitig wahrzunehmen und am Leben des anderen teilzuhaben. Und das ist mehr als der gute Ton der Tradition. So werden Türkränze gebunden und Haus und Hof geschmückt und miteinander gefeiert. Die Nachbarn kommen mit den Freunden zusammen, und das weitet auch den nachbarschaftlichen Horizont und kann die eigene Sicht auf die Dinge des Lebens hin und wieder rücken. Und immer wieder versichert man sich dabei, in einer guten Beziehung miteinander zu leben. Es ist wie ein Pakt der Nächstenliebe. Die nachbarschaftlichen Feiern sorgen dafür, dass das Leben Tür an Tür, Zaun an Zaun, Hof an Hof nicht aus dem Lot gerät, denn wer daran teilnimmt trifft natürlich auch denjenigen, mit dem er seinen Ärger über die Mülltonnen hat und bleibt so in Kontakt. Ob sich dadurch etwas löst, sei dahingestellt. Aber zumindest die Frage nach einer Lösung bleibt offen. Man muss dem Geist Gottes auch seinen Platz einräumen, damit er wirken kann. Eine gute Nachbarschaft steht im lockeren Kontakt miteinander und kann den einzelnen sein lassen wie er oder sie ist. Miteinander feiern und auch schon Mal in der Sache streiten, das darf sein. Wenn wir dabei nicht vergessen, dass wir uns aufeinander verlassen können, wenn wir einander brauchen. (Marktandacht vom 20. Juni 2014)
Foto: Graphicstock
Ein Dank gilt Ralph Knapp für die Textanregung.

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1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort

  • Ralph Knapp
    12. Juli 2014 22:13

    Zusammenarbeit ist immer schön. Ich freue mich, wenn wir einander gute Gedanken schenken können!
    Viele Liebe Grüße aus dem Rheinland sendet
    Ralph Knapp

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